Undisputed – Das Erbe großer Champions

Von Max Schmeling und Joe Louis über Muhammad Ali bis zu Lennox Lewis: das Undisputed-Vermächtnis in der Königsklasse des Boxens.

Undisputed
Lennox Lewis (l.) krönte sich 1999 in einem Vereinigungskampf gegen Evander Holyfield (r.) zum bis dato letzten Undisputed-Weltmeister im Schwergewicht. (Foto: Getty / Jeff Haynes)

Lennox Lewis war der letzte, aber bei weitem nicht der erste Undisputed-Champ in der Königsklasse: Insgesamt 22 Schwergewichtler gab es in der Historie bereits, die sich als „Undisputed“ (dt.: unumstritten) bezeichnen durften. Die US-amerikanische Box-Legende Jack Dempsey vereinte 1922 als Erster alle Gürtel der großen Weltverbände – zu dieser Zeit existierten mit der National Boxing Association (NBA) und der New York State Athletic Commission (NYSAC) allerdings auch nur zwei. Für die deutsche Sternstunde im Schwergewicht sorgte Max Schmeling am 12. Juni 1930. Nachdem Undisputed-Champ Gene Tunney (USA) 1928 zurücktrat, eroberte der im Jahr 2005 verstorbenen Schmeling die vakanten Titel gegen Jack Sharkey. Am 7. Januar 1931, ein halbes Jahr später, verlor der deutsche Ring-Held den NYASC-Gürtel jedoch wieder, da er eine Revanche gegen den US-Fighter ablehnte. Letztlich kam es im Juni 1932 aber doch zum Rematch, welches Schmeling allerdings nach einer umstrittenen Entscheidung verlor.

Zwölf Jahre lang „Undisputed“, 25 erfolgreiche Verteidigungen: Geht man allein nach diesen beeindruckenden Zahlen, ist Joe Louis der beste Schwergewichtler aller Zeiten. Ab 1937 verteidigte „The Brown Bomber“ die Gürtel der NYASC und NBA insgesamt 25 Mal – unter anderem 1938 gegen Schmeling –, bis er 1947 seinen Rücktritt bekannt gab. Ezzard Charles holte sich den vakanten NBA-Titel, schlug Louis bei dessen Comeback und durfte sich von da an ebenfalls unumstrittener Weltmeister nennen. Auf Charles folgte ein US-Trio aus Jersey Joe Walcott, Rocky Marciano und Floyd Patterson, bevor die Titel zum ersten Mal seit Schmeling wieder vereint nach Europa gingen. Im Juni 1959 besiegte der Schwede Ingemar Johansson den früheren Olympiasieger, verlor die Titel im Rückkampf ein Jahr später aber wieder an Patterson.

Ali dreimal auf dem Undisputed-Thron

Muhammad Ali konnte sich in seiner Karriere insgesamt dreimal „Undisputed“ nennen. Anfang 1964 bezwang „The Greatest“ seinen Landsmann Sonny Liston und sicherte sich NYSAC-, WBA- und WBC-Titel – mit Liston als Weltmeister hatte die NBA ihren offiziellen Namen 1962 in World Boxing Association (WBA) geändert. Nur vier Monate später wurden Ali die Titel der NYASC und WBA wieder entzogen, weil er direkt eine Revanche bestritt, was damals nicht den Verbandsregeln entsprach. 1967 gewann die Box-Ikone die Gürtel, welche sich zuvor Ernie Terrell gesichert hatte, in einem Vereinigungskampf. Doch erneut hielt der Undisputed-Status nur kurze Zeit, denn Ali entzog sich der Einberufung durch die US-Army. Darauf wurde er vom Boxsport suspendiert und die Titel ihm aberkannt.

Bevor Alis dritte Undisputed-Ära begann, hatten Joe Frazier – letzter Champion des Weltverbandes NYSAC – und George Foreman den Status „unumstrittener Weltmeister“ inne. Im Oktober 1974 kam es schließlich zum legendären „Rumble in the Jungle“: In Runde acht schlug Ali Foreman überraschend k.o. und wurde erneut Undisputed-Champ. In den folgenden Jahren verteidigte The Greatest die Gürtel der World Boxing Association und des World Boxing Council (das WBC hatte sich 1963 nach Abspaltung von der WBA gegründet) in zehn Fights, bevor Ali sie 1978 an Leon Spinks verlor.

Lennox Lewis war der letzte undisputed Champion

Der letzte unumstrittene Weltmeister im Schwergewicht heißt Lennox Lewis. Am 13. November 1999 kämpfte der Brite mit jamaikanischen Wurzeln als WBC-Titelträger in einem Vereinigungskampf gegen Evander Holyfield (USA), seines Zeichens Titelträger der WBA und IBF. Die International Boxing Federation (IBF) hatte sich erst 1983 gegründet, stieg aber rasch zu einem der drei großen Weltverbände auf. Fünf Jahre später gründete sich die World Boxing Organization (WBO). Anerkennung fand die WBO zunächst in Mittelamerika, später dann auch in Europa, aber weniger in den USA. Weshalb es noch etliche Jahre dauern sollte, bis der Weltverband seinen Status als einer der „großen Vier“ (im Schwergewicht) in der Box-Welt erlangte.

Doch zurück zu Lewis vs. Holyfield: Am Ende eines der bedeutendsten Schwergewichts-Duelle aller Zeiten sicherte sich der Brite den Sieg nach Punkten. „Als Boxer war es mein einziges Ziel, der unangefochtene Champion zu sein. Gegen die Besten zu kämpfen, um der Beste zu sein. Das war das Vermächtnis, für das ich meine ganze Karriere gekämpft habe“, sagte Lewis. Lange blieb er allerdings nicht unumstrittener Weltmeister, denn ein halbes Jahr nach der Vereinigung wurde ihm der WBA-Titel wieder aberkannt. Lewis zog trotz gerichtlicher Verwarnung einen Kampf mit WBC-Pflichtherausforderer Michael Grant dem Duell mit WBA-Pflichtherausforderer John Ruiz vor.

Zwischenzeitlich vereinten Vitali (WBC) und Wladimir Klitschko (IBF, WBA und WBO) alle Titel der vier großen Weltverbände, ein Bruder-Vereinigungs-Duell gab es aber nie. Seit dem 29. April 2000 wartet die Boxwelt nun auf einen neuen Undisputed-Champ in der Königsklasse. Nach 23 Jahren ohne unumstrittenen Weltmeister ist die Sehnsucht entsprechend groß.

Text von Robin Josten

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