Volckmann: „Jack ist einfach ein geiler Boxer“

Seitdem Ingo Volckmann 2017 den AGON-Stall gründete, hat sich einiges getan bei den Berlinern. Doch eines ist bis heute gleich geblieben, wie der sportbegeisterte Unternehmer im Interview betont: Ziel ist es, Weltmeister hervorzubringen. Die nächste Chance dazu hat Jack Culcay am 6. April.

AGON-Boss Ingo Volckmann und Halbmittelgewichtler Jack Culcay – hier 2018 – kennen sich schon seit vielen Jahren. (Foto: IMAGO / Ed Gar)

Herr Volckmann, als Eigentümer führen Sie sowohl den Berliner Boxstall AGON Sports wie auch den spanischen Fußball-Drittligisten Atletico Baleares. Welches Team bereitet Ihnen aktuell mehr Freude?

Ingo Volckmann: Die Antwort ist relativ einfach: unser Box-Team. Die Fußballer sind den letzten Jahren einige Male am Aufstieg in die zweite spanische Liga gescheitert, aktuell kämpfen sie aber gegen den Abstieg in die vierte Liga.

Dann sprechen wir lieber übers Boxen. Am 6. April kämpft AGON-Halbmittelgewichtler Jack Culcay in Berlin-Falkensee um die vakante WM der IBF. Hatten Sie überhaupt noch an das Zustandekommen dieses WM-Kampfes geglaubt?

Jack wurde von der IBF im August 2020 für einen WM-Eliminator bestimmt – ich finde es eine absolute Frechheit, dass das Ganze über drei Jahre gedauert hat. Jetzt ist es ein Kampf um die vakante Weltmeisterschaft geworden, aber das kann keine Entschuldigung sein. Es ist absolut ärgerlich, dass Boxer wie Canelo Alvarez oder Jermell Charlo machen können, was sie wollen, und die Verbände sich von denen auf der Nase herumtanzen lassen. Das gefällt mir nicht, wofür gibt es Ranglisten? Es geht nicht nur um meine Boxer, auch andere haben viele Kämpfe bestreiten und sich ihre Positionen erarbeiten müssen. Als Promoter hat man zudem viel Geld für diese Fights ausgegeben – um dann nie die Chance zu bekommen, gegen den wahren Champion zu kämpfen. Das ist eine absolute Frechheit und es war bei Jack ein extremes Beispiel.

Wie bewerten Sie Jacks Chancen auf einen Sieg gegen Bakhram Murtazaliev?

Definitiv gut. Ich bin quasi „all in“ gegangen und habe eine ganze Menge Geld für den Kampf geboten (666.300 US-Dollar; Anm.d.Red.), um ihn nach Deutschland zu holen, weil ich wirklich an Jack glaube. Ich kenne ihn nun eine ganze Weile, sehe ihn ständig im Training und habe auch schon in früheren Duellen erkannt, was er alles drauf hat. Jack hat auf jeden Fall die Möglichkeit, noch mal Weltmeister zu werden, sonst hätte ich es nicht gemacht.

Wie wird Jack diesen Fight angehen?

Er ist jemand, der sich oft an den Gegner anpasst. Und wenn der stark haut, dann mischt Jack gern mit. Aber das darf er gegen schlagstarken Murtazaliev natürlich nicht machen, sondern er muss beweglich sein, hin- und wieder weggehen. Aber ich bin überzeugt, dass Trainer Franquis Aldama ihm die richtige Taktik verordnet hat.

Sie trainieren auch schon mal gern mit Ihren Boxern. Wie ist es, gegen Jack zu boxen?

Wir trainieren ja eher leicht. Jack verschont mich, aber auf die Rippen gibt er immer ganz gerne. (schmunzelt) Er ist wie ein Bullterrier, der immer nach vorne geht. Ich bin ja nur Freizeitsportler und fühle mich nach drei Minuten so, als hätte ich schon zehn Runden geboxt. Jack ist einfach ein geiler Boxer. Er kennt keine Angst, beherrscht gute Moves und wählt immer den Vorwärtsgang. Er ist einer meiner Lieblingsboxer, dem ich auch gerne beim Training zuschaue.

Werden wie Fans, die in Falkensee nicht live vor Ort sein können, den WM-Kampf im Free-TV sehen können?

Es freut mich für die Fans, dass wir mit dem RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) einen öffentlich-rechtlichen Sender gefunden, der auf jeden Fall dabei ist und frei überträgt. Allerdings bietet die Summe, die wir dafür erhalten, uns nicht die Möglichkeit, den Kampf auch nur annähernd zu refinanzieren. Wir sind auch mit Sendern wie ARD, ZDF und RTL in Gesprächen, da haben wir bereits bei der Gualtieri-WM im vergangenen Jahr einige Türen aufgestoßen. Aber dazu kann ich jetzt noch nichts Konkretes sagen.

Im letzten Jahr konnte AGON mit dem WM-Gewinn von Vincenzo Gualtieri den größten sportlichen Erfolg seiner Geschichte feiern. Auch wenn der IBF-Gürtel wenige Monate später im Vereinigungskampf in den USA wieder verloren ging: Was war das für eine Erfahrung für Sie?

Ich muss gestehen, das war unbeschreiblich. Wir haben in seiner Heimatstadt Wuppertal veranstaltet, die Halle war voll mit Freunden und mit Fans von Vincenzo. Das war absolutes Gänsehaut-Feeling. Kurz zuvor war bereits Etinosa Oliha IBO-Champ im Mittelgewicht geworden. Man will ja Weltmeister produzieren, aber an Vincenzo haben die wenigsten geglaubt. Der Trainer und ich müssen was in ihm gesehen haben, sonst hätte ich ihn damals nicht verpflichtet. Aber ich bin froh, dass er es geschafft hat. Und so soll es weitergehen. Wir haben noch Haro Matevosyan im Kescher, der richtig gut ist. Jack, wie schon gesagt. William Scull ist die Nummer eins bei der IBF im Supermittel, Schwergewichtler Granit Shala kommt nach. Und Etinosa wird als IBO-Weltmeister jetzt auch bei den großen Verbänden angreifen. Also, dieser Tag in Wuppertal war insgesamt einfach ein krasses Erlebnis. Ich hoffe, dass sich dieses Gefühl in Falkensee wiederholt.

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